Interview mit Aurel Schmid: Rückblick auf 7 Jahre Solarify und Ausblick auf ein neues Führungsteam

Aurel Schmid

Interview mit Aurel Schmid: Rückblick auf 7 Jahre Solarify und Ausblick auf ein neues Führungsteam

Im Februar 2016 gründete Aurel Schmid die Firma Solarify. Wenige Monate später realisierte er auf dem Dach seines Elternhauses ein erstes Pilotprojekt: Eine kleine Solaranlage mit 15 Panels, finanziert durch 6 Panelkäufer:innen aus der Familie. Gut sieben Jahre sind seither vergangen. Inzwischen hat Solarify schweizweit über 70 Anlagen realisiert und fast 17 000 Solarpanels an über 1 300 einzelne Personen und Firmen verkauft. Vom Einmannbetrieb ist die Firma zu einem 16-köpfigen Team angewachsen. Diesen Sommer trat Aurel als Geschäftsführer von Solarify zurück und übergab das Ruder an vier langjährige Team-Mitglieder. Im Interview blickt er auf die vergangenen Jahre zurück und erzählt, wie er seine Rolle bei Solarify in Zukunft sieht.

Erstaunlicherweise ja. Ich wollte eine flexible, fortschrittliche und nachhaltige Firma aufbauen und ich glaube, das ist uns in vielerlei Hinsicht geglückt. Wir haben extrem flexible Arbeitszeiten, ein vollkommen transparentes und faires Lohnsystem und gemeinsam mit unseren Kund:innen und Partner:innen einen messbaren positiven Impact auf die Energiewende. Natürlich lief nicht immer alles nach Plan und einiges hätte einfacher und rascher gehen können, aber insgesamt bin ich mit dem Erreichten und auch mit dem aktuellen Team sehr zufrieden.

Eigentlich war es nie mein Plan, Unternehmer zu werden. Aber die Idee, selber Panels besitzen und damit Teil der Energiewende sein zu können, hat mir so gut gefallen, dass ich es einfach nicht zulassen konnte, dass es dafür kein Angebot gibt. Und ich bereue es nicht. Ich darf immer wieder dazulernen, mit inspirierenden Menschen zusammenarbeiten und als kleines Rädchen im grossen Gefüge die Energiewende unterstützen. 

Das Wichtigste sind die Menschen, welche die Idee und Solarify unterstützt haben – auch als noch überhaupt nicht klar war, ob das ganze wirklich funktioniert. Dazu gehören zum Beispiel der Notar, die Treuhänder, die ersten Kund:innen und natürlich das Team, das Solarify durch dick und dünn unterstützte. Ohne sie wäre Solarify nicht möglich gewesen. 

Aurel Schmid
Aurel Schmid bei den Vorbereitungen für die erste Solarify-Solaranlage in Hünibach

Am Modell selber hatte ich nie Zweifel. Gewisse unzuverlässige Umsetzungspartner:innen haben Solarify hingegen durchaus in Bedrängnis gebracht. Da brauchte es viel Durchhaltewillen und finanzielle Risikobereitschaft von meiner Seite. In der Zwischenzeit ist Solarify deutlich stabiler. Allerdings bleiben die Herausforderungen der Finanzierung des Wachstums und der nötigen Weiterentwicklungen. Verglichen mit den Startschwierigkeiten sind diese Fragen für die Firma allerdings nicht mehr existentiell.

Eine gute Frage. Zwei Ereignisse möchte ich erwähnen. Das ist zum einen die Inbetriebnahme der Sporthalle Wankdorf in Bern im Jahr 2018. Für Solarify war das ein Make or Break Projekt. Ich habe mein ganzes persönliches Netzwerk für die Finanzierung dieses ersten grossen Projektes aktiviert und bei persönlichen Mittagessen das Solarify-Modell immer wieder erklärt. Während des Baus ging der Installateur wegen teurer technischer Fehlentscheide Konkurs und ich war auf Goodwill des Elektrikers und anderer Leute angewiesen, um das Projekt erfolgreich ans Netz zu bringen. Entsprechend gross war die Erleichterung, als schliesslich alles abgeschlossen werden konnte. Ein zweites Highlight war der Partnerschaftsvertrag mit der Stadt Bern. Diese Zusammenarbeit hat uns immer wieder Projekte gebracht, die für die Entwicklung von Solarify sehr wichtig waren und die Stadt Bern war und ist eine tolle Referenz. Es ist ein erfolgreiches Beispiel für eine für alle Seiten gewinnbringende Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand, Privatwirtschaft und Bevölkerung.

Ich hatte immer die feste Absicht, den Moment der Übergabe nicht zu verpassen. Viele Firmengründer:innen schaffen das nicht. Natürlich ist das ein spezieller Moment. Aber ich bin überzeugt, dass sowohl der Zeitpunkt als auch das neue Führungsteam richtig sind. Die Beteiligten haben sich seit mehreren Jahren beim Aufbau von Solarify bewährt, sind hoch motiviert und haben eine tolle Vision, Solarify sinnvoll weiterzuentwickeln.

Nein, aber es hat durchaus Vorteile, verschiedene Fähigkeiten und Charaktere in einem Führungsteam zu vereinen. Dem gegenüber steht natürlich ein erhöhter interner Koordinationsaufwand. Aber die Vier haben sich gut organisiert und klar abgegrenzte Verantwortungsbereiche. So überwiegen für mich die positiven Seiten eindeutig und Solarify erhält mehr Führungskapazitäten, als ich alleine leisten konnte.

Aurel Schmid
Aurel Schmid bei der Solarify-Solaranlage auf dem Sportzentrum Bechburg in Oensingen

Ich werde Solarify als Mitarbeiter auch weiterhin mit Herzblut unterstützen. Trotzdem ist es natürlich ein emotionaler Moment, die operationelle Verantwortung abzugeben. Aber für mich überwiegt das positive Gefühl. Solarify ist in guten Händen und ich erhoffe mir mehr Zeit für meine Familie, für private Projekte und vielleicht auch wieder einmal für ein gutes Buch. 

Ich versuche die Firma dort zu unterstützen, wo ich meine grössten Stärken sehe: Beziehungen zu Dacheigentümer:innen und anderen Partner:innen aufbauen und das Solarify-Modell auch öffentlich vorstellen. Es macht mir Spass, meine Erfahrung an das Team weiterzugeben. Zudem werde ich Solarify auch auf strategischer Ebene weiterhin beratend zur Verfügung stehen.

Ich erhoffe mir, dass die aufgebauten Werte, die wesentlich zu unserem Erfolg beigetragen haben, weitergelebt werden. Dazu gehören das Lohnmodell, die grosse Flexibilität, die Möglichkeit der Mitarbeitenden ihre Ideen einzubringen und die Motivation, einen messbaren und rasch wachsenden Beitrag zum Aufbau einer nachhaltigen Energiewirtschaft zu leisten. Zudem wünsche ich Solarify, dass es trotz Wachstum den Mut und die Fähigkeit bewahrt, neue Ansätze und Ideen schnell in Geschäftsprozesse zu übernehmen. Beides zusammen trägt hoffentlich dazu bei, dass Solarify weiterhin gute Mitarbeitende anziehen und auch behalten kann. Und natürlich wünsche ich mir auch, dass Solarify mit internen und gegebenenfalls externen Mittel finanzielle Reserven aufbauen kann, um in einem extrem dynamischen Marktumfeld die nötigen weiteren Entwicklungsschritte gehen zu können.

Ich gebe nicht besonders gerne Ratschläge, aber aus meiner Erfahrung wünsche ich ihnen stets die Zuversicht, auch gross scheinende Probleme überwinden zu können, und die Fähigkeit, neben den vielen kleinen Herausforderungen des Alltags immer die grossen Chancen und Ziele im Blick zu behalten. 

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